Der Friede von Münster
Das berühmte Bild von Gerard Ter Borch hält den Moment des Friedensschwurs am 15. Mai 1648 zwischen Spaniern und Niederländern im Rathaus zu Münster (Friede von Münster) fest1Abb. zu finden unter www.nationalgallery.org.uk. Grundlegend Gudlaugsson 1959/60, I, S. 63-68; II, S. 81-84; Kat. Krieg und Frieden 1988, Nr. 122, mit der neueren Literatur; Israel 1997, S. 93-104; Dethlefs 1998, S. 50-56 mit Umzeichnung zur Identifikation der einzelnen Persönlichkeiten sowie mit Abdruck der grundlegenden Quellen; vgl. Kettering 1998..
Bei diesem Spanisch-Niederländischen Vertrag war der Austausch der Ratifikationsurkunden und die Beeidigung das eigentliche Ereignis: bis dahin waren die Kampfhandlungen nicht beendet, fortan schwiegen nun die Waffen. Das war bei den Oktoberverträgen von Münster und Osnabrück zur Beendigung des Dreißig-jährigen Krieges vom 24. Oktober 1648 anders; dort war mit der Unterzeichnung der Waffenstillstand verbunden und der Krieg beendet. Die Bedeutung des Eides für den Frieden zwischen dem spanischen König und den niederländischen Provinzen ergibt sich einerseits aus dem komplizierten Willensbildungsprozess in der niederländischen Republik2Arndt, Frieden 1998, S. 28-32; Poelhekke 1948, S. 509-529.: die Ratifikation durch die Generalstaaten war die letzte innenpolitische Hürde, die angesichts des politischen Widerstandes aus den Provinzen Zeeland und Utrecht nicht nur theoretisch das Friedenswerk hätte scheitern lassen können. Andererseits ist die lange Vorgeschichte des Friedens zu bedenken: achtzig Jahre lang hatten die Republik und der König von Spanien Krieg geführt. Das gegenseitige Misstrauen war tief eingewurzelt; in der niederländischen (wie auch in der französischen) Propaganda galten die Spanier als hinterhältig und wortbrüchig3Henkel / Schöne 1967, Sp. 1501 auf den trügerischen Frieden als „spanischer Betrug“ (Emblembuch von Hulsius, Emblemata Sacra, o.O. 1631, Nr. 20); Babel 1992, S. 101-113 über das Feindbild, das die französische Publizistik von den Spaniern malte, v.a. S. 107. – Zahllose Pamphlete gegen die Spanier und gegen die Friedensverhandlungen kolportierten dieses Vorurteil; ein Beispiel (Knuttel I,2, 1889, Nr. 5015, 1643, Bl. 2r-v: „hoe menichmal heeft den Koninck van Spagnien ons door woorden sijn liefde/ ende vaderlicke toeghenegentheydt/ als vast ende massijf goed doen aenprijsen? doch al met soedanigen boozen herte/ versterckt om ons te verderben? …“).
Dahinter stand die Bestimmung des Kirchenrechtes, mit Ketzern brauche man keine Verträge zu halten; es war ein stereotyper Vorwurf, wie er sich entsprechend auch gegenüber den Jesuiten fassen lässt4Hofmann 1987, S. 72 (Grotius zur Gültigkeit von Verträgen mit Ketzern entgegen dem Kirchenrecht).. Diese Bewertung hatte schon Hugo Grotius in seinem Werk „De jure belli ac pacis“ zurückgewiesen; selbst Verträge mit Ungläubigen, mit Moslems müsse man halten5Grotius, De jure belli ac Pacis, Buch 2, Kap. 15, § 8-11.. Der spanische Diplomat Diego de Saavedra (+ 1648), bis 1646 Unterhändler in Münster, hatte in seinem Emblembuch „Idea de un principe politico-christiano“ 1640 dieselbe Auffassung vertreten: Handelsverträge mit Ungläubigen seien jedenfalls zulässig. Völlig unverbrüchlich aber seien Friedensverträge auch mit Ketzern, wenn sie feierlich beschworen seien6Vgl. oben Kap. VI.1, bei Anm. 22.. Es ist daher wohl kein Zufall, dass in den Vertrag ausdrücklich Bestimmungen über den Handel, über die Zollerhebung usw. aufgenommen wurden: aus niederländischer Sicht konnten sie das Vertrauen in den Vertrag nur erhöhen!
Der Eid war aber nicht nur aus niederländischer Sicht eine wichtige Zeremonie; er war auch insofern heikel, als mit dem Friedensschluss der niederländisch-französische Bündnisvertrag gebrochen wurde, der 1634 abgeschlossen und mehrfach, zuletzt in feierlicher Form vor Beginn der Verhandlungen in Münster, am 1. März 1644 erneuert worden war mit der ausdrücklichen Klausel, keinen Separatfrieden mit dem Spanier oder mit dem Kaiser einzugehen7Dumont VI,1, 1728, S. 80-85 (Paris 8.2.1635, abgeschlossen auf niederländischer Seite übrigens durch Adrian Pauw und Johann de Knuyt), bekräftigt meist in Form von Subsidienvereinbarungen am 6.9.1636 (Dumont VI,1, S. 127-128), 17.12.1637 (ebd. S. 150-151), am 24.3.1639 (ebd. S. 171), 21.4.1641 (ebd. S. 209), 1.3.1644 (ebd. S. 294-296); Papadopoli 1864, S. 70; zur Diskussion in den Niederlanden ebd. S. 73-78 sowie Poelhekke 1948, S. 373-501, 517-522..
Der gegenseitige Eid war daher der eigentliche Abschluss des Friedens und wurde entsprechend öffentlich zelebriert8Zur Zeremonie vgl. Poelhekke 1948, S. 534-538; zur Herstellung der Öffentlichkeit bei der Ratifikation vgl. Papadopoli 1864, S. 85: Am 15. Mai 1648 geschah il cambio tra le parti, fu giurata sollennemente la pace sopra un palchetto contiguo alla casa publica della città di Münster, in presenza di tutto il popolo, con la borghesia della città in arme, seguita poi da fuochi di gioja, da fontane di vino, e tutte l’altre solennità ostentate per il vero da Penneranda al più alto segno dello splendore e decoro de suo Re. Ed a’cinque di Giugno fu la medesima pace publicata in tutte le città e luoghi delle province, chè fu l’ultimo periodo della pace. Vgl. die Beschreibung der Zeremonien und Friedensfeiern nach Cools, dem Diarium Wartenberg (auch bei Lahrkamp 1964 = APW III D Bd. 1, S. 223-232), Aitzema 1650 und nach dem offiziellen Bericht der spanischen Gesandtschaft, zugänglich bei Dethlefs 1998, S. 160-223. Vgl. den Bericht eines Ungenannten bei Aander Heyden 1875, S. 155-161.; an der Zeremonie nahm Ter Borch als Mitglied des Gefolges von Peñaranda teil und verewigte es in seinem auf Kupfer gemalten, mit 44 x 57 cm verhältnismäßig kleinformatigem Gemälde. Es ist ein Ereignisbild, das in der Tradition der niederländischen Gruppenbildnisse steht und die tatsächlich beteiligten „Friedensstifter“ wie eine verschworene Korporation zeigt, und das zugleich von seiner Ikonographie, in der nüchternen Schilderung des Ereignisses in der Tradition von Ereignisflugblättern steht9Ein Beispiel, der Tod des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien 1647, gestochen von Cornelis van Dalen nach einem Gemälde des Hofmalers Adrian van de Venne, bei Dethlefs 1998, S. 64 Abb. 28.. Die abwesenden, weil opponierenden bzw. erkrankten Niederländer – der todkranke Utrechter Godard van Reede und der Zeeländer Johann de Knuyt, dem seine Provinz die Reise nach Münster zur Ratifikation verwehrt hatte – fehlen im Bild10Poelhekke 1948, S. 521, 528-529, 532-534; Papadopoli 1864, S. 83, 85. – Zum Gemälde Ter Borchs ist grundlegend Gudlaugsson 1959/60, Bd. 2 S. 81-84; neuere Literatur im Kat. Krieg und Frieden 1988, S. 185-191, Nr. 122; Dethlefs 1998, S. 50-56; Kettering, Treaty 1998, S. 11-17. Hinweise zum niederländischen Gruppenbildnis bei Dethlefs 1996, S. 168 Anm. 115.. Die unterschiedlichen Konfessionen sind erkennbar an der Art des Schwörens – die Niederländer schwören mit erhobener Hand „so helfe mir Gott“ – die Spanier legen die Hand auf das Kruzifix und das Evangelium. Nach dem Bericht des Lieuwe van Aitzema, der 1650 eine umfangreiche Geschichte des Friedensschlusses veröffentlichte, hätten sie zum Abschluss das Kreuz geküsst, „de grootste solemniteyt van Eedt, die volgens haer Ordre wert gedaen“11Dethlefs 1998, S. 215 (Aitzema 1650, S. 547).. Auch diese Beobachtung scheint diktiert von der Sorge um die Gültigkeit des Schwurs. Gleichwohl akzeptieren beide Seiten den Eid des früheren Gegners in seiner konfessionell motivierten Andersartigkeit. Damit stellt auch dieses Bild konfessionelle Toleranz, den konfessionellen Frieden zwischen den Staaten dar; es ist damit ein Sinnbild auf die Entkonfessionalisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen. Die staatsrechtliche Souveränität steht über der Konfession. Die Kontrahenten erkennen sich gegenseitig an, der rechtliche, politische und schriftliche Vertrag, der auf dem Tisch liegt, impliziert die Anerkennung gegenseitiger Souveränität; Krieg und Gewalt werden durch Recht abgelöst.
Bemerkenswert ist nun die Selbstdarstellung des Malers Ter Borch, der sich am linken Bildrand selbst abbildet, auf den Betrachter blickend und dem Betrachter durch dieses Bild quasi die Teilnahme ermöglichend. Ter Borch stellte sich übrigens in der Kleidung der spanischen Delegation dar, in dem anthrazitfarbenen, silbern bestickten Gewand. Dabei hat er sich jedoch auf der niederländischen Seite der Komposition platziert; durch den Kunstgriff, den Kreis der Versammelten um den ovalen Tisch zu einem Halbkreis zu öffnen. Denn wäre der Kreis geschlossen, stünden er und der auffallend bunt gekleidete spanische Offizier – nach der ansprechenden Vermutung von Christian Gellinek wohl der Kommandeur der Leibgarde und Neffe Peñarandas, Gabriel de Bracamonte – auf der spanischen Seite12Repgen 1984 (APW III C Bd. 1,1), S. 399 (9.7.1648: vedo la pittura della ratificatione della pace di Spagna con gli Olandesi). Die Selbstdarstellung des Künstlers als Augenzeuge eines politischen Ereignisses ist innerhalb der zahllosen Künstlerselbstbildnisse etwas Besonderes. Bis in das 17. Jahrhundert sollte sie einerseits die künstlerische „inventio“, andererseits die soziale Stellung ihres Urhebers und auch den Wunsch nach Selbstverewigung ausdrücken; vgl. Ahrens 1997, S. 8-13 mit weiteren Hinweisen.!
Der Künstler als Augenzeuge stellte die Öffentlichkeit des Aktes her, schon während des laufenden Kongresses: Der päpstliche Nuntius Chigi, ein Kritiker des Vertrages, weil der Text die niederländischen Katholiken ausklammerte, erwähnt in seinem Tagebuch zum 9. Juli 1648, er habe das Bild gesehen13Zur Identifikation vgl. Dethlefs 1998, S. 53, mit weiteren Hinweisen S. 54-55, Anm. 3.. Denjenigen, die an der Zeremonie nicht teilnehmen wollten oder konnten, ermöglichte das Gemälde, sich ein recht genaues Bild zu machen.
Ter Borch hat dieses Zeugnis seiner Augenzeugenschaft bewusst nicht veräußert. Der geforderte Preis von 6000 Gulden, den sein Biograph Houbraken unter Berufung auf eine Familientradition überliefert hat14Gudlaugsson 1959/60, I, S. 67-68., sollte das Bild unverkäuflich machen. Er hat sein Selbstbildnis sogar nach längerer Zeit „aktualisiert“ und sich älter gemacht15Die Übermalung ist erst 1982 abgenommen worden, so dass nun wieder der jugendliche, gut dreißigjährige Künstler erscheint (Kettering, Treaty 1998, S. 47). Den älteren Zustand hält eine wohl noch im 17. Jahrhundert auf Holz gemalte Kopie fest, die aus altem münsterischem Familienbesitz 1883 von den Geschwistern Ficker der Stadt Münster geschenkt wurde (s. Kat. Krieg und Frieden 1988, S. 185-191). Die damit verbundene Überlieferung, es sei ein Geschenk des Malers an seine münsterischen Gastgeber gewesen, muss wegen der bescheidenen Qualität der Kopie und eben wegen des Alters des Ter Borch als unzutreffende Legende gelten.. Ter Borch verbreitete und vermarktete das Bild nur durch einen von Jonas Suyderhoef geschaffenen originalgroßen Kupferstich, der damals geläufigsten Form der Gemäldereproduktion. Es scheint sogar, dass der von ihm geforderte Preis von 6000 Gulden damit in Zusammenhang stehen könnte: Für 23 Abzüge des Blattes erhielt er 1650 vom Rat der Stadt Kampen 100 Karolusgulden16Gudlaugsson II, 1960, S. 20.; rechnet man die Summe auf 6000 Gulden hoch, käme man auf eine Gesamtauflage von 1380 Exemplaren. Es ist eine Zahl, die für Ereignisgraphik zwar hoch, aber nicht ungewöhnlich ist; die zahlreichen Nachstiche von Flugblättern beweisen, dass das Interesse an Ereignisbildern sehr groß war.
Mit dem Kupferstich ermöglichte der Künstler einem sehr breiten Kreis von Menschen, das politische Ereignis nachzuvollziehen, es auch zu sehen. Damit konnte die Glaubwürdigkeit des Ereignisses erhöht werden; es bedeutet auch die Potenzierung der Wirkung des Gemäldes in dem Bemühen, die Öffentlichkeit herzustellen. Schon Horaz hat in seiner „Ars poetica“ den Vorzug des Auges vor dem Ohr behauptet: was man gesehen hat, weiß man sicherer als das nur Gehörte.
Anstelle der Signatur auf dem Gemälde – auf der Tafel links über der Vertäfelung – liest man hier „Pax optima rerum“, was auf die moralische Qualität des Friedens verweist und den Frieden zusätzlich legitimiert gegenüber politischer Kritik an dem Bruch des Vertrages mit Frankreich. Die Bildunterschrift legt Wert auf die Tatsächlichkeit des Ereignisses und die Ewigkeit des Friedens: „Icon exactissima, qua ad vivum exprimitur solennis conventus legatorum pleni-potentiarum Hispaniarum Regis Philippi IV. et Ordinum Generalium Faederati Belgii, qui pacem perpetuam paullo ante sancitam, extraditus utrinque instrumentis, iuramento con-firmarunt, Monasterii Westphalorum in domo senatoria. Anno (I) I) C XLVIII, Idibus Maii.“ Auch wenn in erster Linie die Festigkeit, Ewigkeit und Unverbrüchlichkeit des Friedens gemeint sind, wie es die Bildunterschrift besagt: das Bild verweist vor allem auf die Concordia, die Eintracht der Gesandten, der Friedenswilligen, der zum Abschluss eines Ewigen Friedens Entschlossenen, die durch den Eid ihren Friedenswillen bekräftigen. Es verwundert nicht, dass Ter Borchs Bildformulierung zum Prototyp des Kongressbildes und letztlich des Ereignisbildes von Friedensschlüssen schlechthin wurde: derartige Bilder gibt es zu den Verträgen von Breda 1667, Westminster 1674, Nijmegen 1678/79, Rijswijk 1697, Utrecht 1713, ja bis zum Wiener und Berliner Kongress 1815/187817Kaulbach 1997, S. 330-331, leitet das Kongressbild, wie es Ter Borch und Zeitgenossen wie R. van den Hoeye schufen, als „Bildreportage“ aus dem Interesse an der Realität des Geschehens ab, das auch die Bildnisserien der Friedensgesandten hervorbrachte. Es löst die bis dahin dominierende allegorische Darstellung ab. Nicht mehr ein Monarch oder gar eine Universalinstanz wie Papst und Kaiser stiften Frieden, sondern dieser wird von den Diplomaten ausgehandelt. Die Frage nach Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Friedens, die damals die politische Diskussion um den Spanisch-Niederländischen Frieden bestimmte und die diese Bildformel hervorbrachte, stellt sich ihm nicht. – Zahlreiche Beispiele für „Kongressbilder“ bei van der Maas 1998, S. 173-203.. Indem Ter Borch den Bildbetrachter zum Augenzeugen macht, stellt er die Öffentlichkeit her, der die Festigkeit und Garantie des Friedens bedarf.
Der Bezug zu den Oktoberverträgen
Den Vertragsschließenden war bewusst, dass sie dem auszuhandelnden „Universalfrieden“ vorgriffen, und es hat sie mit Stolz erfüllt. Dieser konnte endlich – auch wenn der Frieden zwischen den Franzosen und Spaniern noch nicht wiederhergestellt wurde und deren Krieg bis zum Pyrenäenfrieden 1659 fortdauerte – am 24. Oktober 1648 in den Quartieren der Hauptgesandten sowie – von den Gesandten der deutschen Fürsten – in der Bischöflichen Kanzlei (heute Regierungspräsidium) am Domplatz zu Münster unterzeichnet werden.
Wesentliche dort getroffene Vereinbarungen lassen sich auch dem Bild der Friedensbeschwörung am 15. Mai 1648 ablesen; natürlich nicht die Detailbestimmungen über Herrschaftswechsel, Annexionen, Entschädigungszahlungen usw.; wohl aber der Religionsfrieden: dass fortan keine Kriege mehr um das religiöse Bekenntnis von Staaten oder das deren Einwohner geführt werden sollten. Im Deutschen Reich wurde der Konfessionsstand des 1. Januar 1624 festgeschrieben, neben der katholischen und lutherischen Konfession wurde auch das reformierte, calvinistisch geprägte Christentum reichsrechtlich erstmals zugelassen. Konfessionsstreitigkeiten sollten nicht mehr mit Gewalt, sondern auf dem Reichstag einvernehmlich entschieden werden. Dass die deutschen Fürsten eine nur geringfügig eingeschränkte Souveränität zugesprochen erhielten, machte sie noch stärker zu Akteuren der internationalen Politik.
Ein weiteres für den Westfälischen Frieden charakteristisches Element zeichnet das Bild des Gerard Ter Borch aus: die hohe Achtung, die die Diplomaten in der Öffentlichkeit genossen. Bei ihnen sah man sehr stark eine Hauptverantwortung für das Gelingen des Friedensprozesses, wie zahlreiche an die Gesandten gerichtete Friedensappelle deutlich machen. Entsprechend groß war das Interesse an den Bildnissen der „Friedensstifter“, die in hohen Auflagen in Form von Kupferstichen gedruckt und verkauft wurden, in der Regel in ganzen Bildnissammlungen. Die Bildnisgalerien der Friedensgesandten in den Rathäusern von Münster und Osnabrück sind bis heute eindrucksvolle Zeugnisse dieser Hochachtung – genauso wie das Gruppenbildnis des Gerard Ter Borch.
(Quellenhinweis: leicht überarbeiteter Auszug aus: Gerd Detlefs: Friedensappelle und Friedensecho. Kunst und Literatur während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden, Diss. Münster 1998)
- 1 Abb. zu finden unter www.nationalgallery.org.uk. Grundlegend Gudlaugsson 1959/60, I, S. 63-68; II, S. 81-84; Kat. Krieg und Frieden 1988, Nr. 122, mit der neueren Literatur; Israel 1997, S. 93-104;
Dethlefs 1998, S. 50-56 mit Umzeichnung zur Identifikation der einzelnen Persönlichkeiten sowie mit Abdruck der grundlegenden Quellen; vgl. Kettering 1998. - 2 Arndt, Frieden 1998, S. 28-32; Poelhekke 1948, S. 509-529.
- 3 Henkel / Schöne 1967, Sp. 1501 auf den trügerischen Frieden als „spanischer Betrug“ (Emblembuch von Hulsius, Emblemata Sacra, o.O. 1631, Nr. 20); Babel 1992, S. 101-113 über das Feindbild, das die französische Publizistik von den Spaniern malte, v.a. S. 107. – Zahllose Pamphlete gegen die Spanier und gegen die Friedensverhandlungen kolportierten dieses Vorurteil; ein Beispiel (Knuttel I,2, 1889, Nr. 5015, 1643, Bl. 2r-v: „hoe menichmal heeft den Koninck van Spagnien ons door woorden sijn liefde/ ende vaderlicke toeghenegentheydt/ als vast ende massijf goed doen aenprijsen? doch al met soedanigen boozen herte/ versterckt om ons te verderben? …“)
- 4 Hofmann 1987, S. 72 (Grotius zur Gültigkeit von Verträgen mit Ketzern entgegen dem Kirchenrecht).
- 5 Grotius, De jure belli ac Pacis, Buch 2, Kap. 15, § 8-11.
- 6 Vgl. oben Kap. VI.1, bei Anm. 22.
- 7 Dumont VI,1, 1728, S. 80-85 (Paris 8.2.1635, abgeschlossen auf niederländischer Seite übrigens durch Adrian Pauw und Johann de Knuyt), bekräftigt meist in Form von Subsidienvereinbarungen am 6.9.1636 (Dumont VI,1, S. 127-128), 17.12.1637 (ebd. S. 150-151), am 24.3.1639 (ebd. S. 171), 21.4.1641 (ebd. S. 209), 1.3.1644 (ebd. S. 294-296); Papadopoli 1864, S. 70; zur Diskussion in den Niederlanden ebd. S. 73-78 sowie Poelhekke 1948, S. 373-501, 517-522.
- 8 Zur Zeremonie vgl. Poelhekke 1948, S. 534-538; zur Herstellung der Öffentlichkeit bei der Ratifikation vgl. Papadopoli 1864, S. 85: Am 15. Mai 1648 geschah il cambio tra le parti, fu giurata sollennemente la pace sopra un palchetto contiguo alla casa publica della città di Münster, in presenza di tutto il popolo, con la borghesia della città in arme, seguita poi da fuochi di gioja, da fontane di vino, e tutte l’altre solennità ostentate per il vero da Penneranda al più alto segno dello splendore e decoro de suo Re. Ed a’cinque di Giugno fu la medesima pace publicata in tutte le città e luoghi delle province, chè fu l’ultimo periodo della pace. Vgl. die Beschreibung der Zeremonien und Friedensfeiern nach Cools, dem Diarium Wartenberg (auch bei Lahrkamp 1964 = APW III D Bd. 1, S. 223-232), Aitzema 1650 und nach dem offiziellen Bericht der spanischen Gesandtschaft, zugänglich bei Dethlefs 1998, S. 160-223. Vgl. den Bericht eines Ungenannten bei Aander Heyden 1875, S. 155-161.
- 9 Ein Beispiel, der Tod des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien 1647, gestochen von Cornelis van Dalen nach einem Gemälde des Hofmalers Adrian van de Venne, bei Dethlefs 1998, S. 64 Abb. 28.
- 10 Poelhekke 1948, S. 521, 528-529, 532-534; Papadopoli 1864, S. 83, 85. – Zum Gemälde Ter Borchs ist grundlegend Gudlaugsson 1959/60, Bd. 2 S. 81-84; neuere Literatur im Kat. Krieg und
Frieden 1988, S. 185-191, Nr. 122; Dethlefs 1998, S. 50-56; Kettering, Treaty 1998, S. 11-17. Hinweise zum niederländischen Gruppenbildnis bei Dethlefs 1996, S. 168 Anm. 115. - 11 Dethlefs 1998, S. 215 (Aitzema 1650, S. 547).
- 12 Zur Identifikation vgl. Dethlefs 1998, S. 53, mit weiteren Hinweisen S. 54-55, Anm. 3.
- 13 Repgen 1984 (APW III C Bd. 1,1), S. 399 (9.7.1648: vedo la pittura della ratificatione della pace di Spagna con gli Olandesi). Die Selbstdarstellung des Künstlers als Augenzeuge eines politischen
Ereignisses ist innerhalb der zahllosen Künstlerselbstbildnisse etwas Besonderes. Bis in das 17. Jahrhundert sollte sie einerseits die künstlerische „inventio“, andererseits die soziale Stellung ihres Urhebers und auch den Wunsch nach Selbstverewigung ausdrücken; vgl. Ahrens 1997, S. 8-13 mit weiteren Hinweisen. - 16 Gudlaugsson II, 1960, S. 20.
- 17 Kaulbach 1997, S. 330-331, leitet das Kongressbild, wie es Ter Borch und Zeitgenossen wie R. van den Hoeye schufen, als „Bildreportage“ aus dem Interesse an der Realität des Geschehens ab, das auch die Bildnisserien der Friedensgesandten hervorbrachte. Es löst die bis dahin dominierende allegorische Darstellung ab. Nicht mehr ein Monarch oder gar eine Universalinstanz wie Papst und Kaiser stiften Frieden, sondern dieser wird von den Diplomaten ausgehandelt. Die Frage nach Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Friedens, die damals die politische Diskussion um den Spanisch-Niederländischen Frieden bestimmte und die diese Bildformel hervorbrachte, stellt sich ihm nicht. – Zahlreiche Beispiele für „Kongressbilder“ bei van der Maas 1998, S. 173-203.